Ich bin zum Glück kein Politiker und kann hier im Blog immer nur meine persönliche Meinung wiedergeben. Und deswegen möchte ich heute ein paar Sätze zu den Friedensfahrzeugen verlieren.
In Hamburg sehe ich in der Nachbarschaft immer die Automobile eines Unternehmers fahren, der sich seine Wagen mit einem Peace-Schriftzug auf der Haube sowie einem Friedensfahrzeug-Schriftzug auf der Seite folieren ließ.
Ist es eine Midlife-Crisis? Will er unbedingt auffallen mit seinen Autos? Das Internet verrät: Hinter der Beklebungsaktion steht friedensfahrzeuge.de. Das ist eine von einer Werberin und ihrem Ehemann ins Leben gerufene Aktion, die durch die folierten Wagen für mehr Frieden auf dieser Welt sorgen soll. So weit, so gut.
Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden und über den Style der Folierung lässt sich streiten. Ich persönlich finde den Look, der bewusst Polizeiautos ähneln soll, furchtbar. Aber das ist nur meine Meinung.
Viel wichtiger: Das Ziel hinter dem Aussehen ist nicht nur, sich für Frieden einzusetzen und damit aufzufallen, sondern man möchte auch gerne passive Verkehrspolizei spielen. So heißt es in der Hamburger Morgenpost vom 13. Juni 2019: „Durch unsere Folierung glauben Autofahrer, wir wären von der Polizei, halten sich sofort an das Tempolimit und den nötigen Abstand.“
Also, Einsatz für den Frieden bedeutet das aus meiner Sicht nicht, sondern der sieht eher so aus, dass sich Ärzte, Soldaten, Polizisten, Ehrenamtliche und andere Fachkräfte in Krisenregionen direkt mit der Hilfe für bessere Verhältnisse vor Ort einsetzen.
Oder es bedeutet auch einen Einsatz, wenn ich eine friedliche Demonstration für ein Friedensanliegen besuche. Oder wenn ich an einer politischen Diskussion zum Thema Frieden teilnehme. Auch, wenn eine Bürgerin oder ein Bürger im Rahmen der persönlichen Möglichkeiten etwas Geld an Hilfsorganisationen spendet, die seriös und verlässlich sind, ist das ein Einsatz für den Frieden. Es gibt natürlich noch weitere Möglichkeiten.
Wir leben hier in einem der sichersten Länder der Welt und nicht in der Ukraine, in Mali, in Syrien oder Afghanistan, wo es erschütternderweise teilweise sehr schlimme Zustände gibt und die Menschen nicht sicher leben können. Darauf sollte auch immer und immer wieder neu aufmerksam gemacht werden, liebe große und reichweitenstarke Medien, damit sich noch mehr Menschen und Organisationen für diese Orte und deren Einwohner*innen einsetzen.
Wenn ich nun sehe, dass Friedensfahrzeuge politische Demonstrationen unterstützen, auf denen Plakate mit dem Aufdruck „Nato – die gefährlichste Mafia der Welt“ zu sehen sind, dann würde ich mich als Fahrer*in eines solch folierten Autos in Grund und Boden schämen.
Dass das folierte Friedensfahrzeug auf besagtem Event nun auch noch ausgerechnet von Tesla stammte, dessen amerikanischer CEO neuerdings Raketen in den Weltraum fliegen lässt und dabei auf internationale Ressourcen zugreift sowie bereits Aufträge für das US-Militär abwickelte, bringt eine gehörige Portion an Ironie in die Sache – oder macht das Ganze fast lächerlich, wenn man den Tesla-Friedensfahrer betrachtet, der die Nato böse findet.
Denn unter anderem dieses Bündnis hat uns hierzulande seit über 70 Jahren solch eine Sicherheit und solch eine Freiheit gebracht, ohne die vielleicht nicht nur die Fahrer*innen von Friedensfahrzeugen kein Automobil – oder nicht mal einen Führerschein – besitzen würden.
Jeder Mensch muss selbst wissen, wofür er sich einsetzt oder auf welche Art und Weise er sich im Straßenverkehr mit seinem fahrbaren Untersatz als Wichtigtuer präsentiert. Ich finde die Friedensfahrzeuge optisch schlecht verpackt und den Sinn dahinter – durch die Präsenz in Verbindung mit aus meiner Sicht fragwürdigen Plakaten und durch den Status als selbst gesehene Verkehrsaufsicht – nicht ansprechend.
Übrigens: Eine zeitgemäße Cookie-Opt-In-Box habe ich unter friedensfahrzeuge.de vergeblich gesucht, ebenso wie eine Steuer- und Telefonnummer im Impressum. So ein Friedensfahrzeug funktioniert anscheinend auch ohne Datenschutz und rechtlich verbindliche Angaben.
Aber zum Glück bin ich ja kein Politiker. In diesem Sinne: Peace…
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